Die Volksschule Haiming von 1938 bis 1945

Alte Schulkataloge als Zeitzeugnisse

 

Aus dem Archiv und der Chronik der Volksschule Haiming können für die Zeit des Nationalsozialismus von 1938 bis 1945 interessante Punkte herausgelesen werden. Die Volksschule war damals im alten Gemeindehaus am Winkelweg untergebracht. Mit der Macht- übernahme durch die Nationalsozialisten mussten die Ordensschwestern aus dem Mutterhaus in Zams ab dem Schuljahr 1939/40 die Schule verlassen. Sie waren vorher viele Jahre für die Betreuung der Volksschüler verantwortlich. An deren Stelle wurden die beiden Lehrerinnen Maria Spiß und Maria Hechenbichler verpflichtet. Maria Spiß (1911 – 2000) blieb bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1971 Lehrerin an der Volksschule Haiming. Maria Hechenbichler hatte im Schuljahr 1938/39 21 Knaben und 29 Mädchen zu unterrichten.

 

Die spätere Imster Stadträtin Maria Hechenbichler (verh. Gamper; 1920 – 2010) berichtet in ihren Erinnerungen: „Haiming war eine dreiklassige Volksschule. Ich hatte die zweite Klasse zu übernehmen, drittes, viertes und fünftes Schuljahr. Dazu kam noch die Fortbildungsschule, da waren acht oder zehn Mädchen. Die dreistufige Klasse war eine gemischte Klasse, in einem Schulraum untergebracht, in dem kein Fenster geschlossen hat, in dem es ein Klo mit freier Falllinie gab, das immer schlecht roch.“ (Eiterer, S. 43)Sie schied nach einem Jahr aus dem Schuldienst aus, wechselte nach Imst und übernahm dort die Stelle der BDM-Leitung. Schulleiter war Anton Mayr, der jedoch mit Beginn des Schuljahres 1939/1940 nach Rietz versetzt wurde. Er kehrte 1945 wieder als Leiter nach Haiming zurück. Vom Schuljahr 1939/40 bis 1944/45 fungierte der gebürtige Südtiroler Max Kuntner als Schulleiter in Haiming.

 

Die alten Schulkataloge aus dieser Zeit zeigen einige Besonderheiten. Die Umstellung dauerte etwas, so war im Schuljahr 1939/40 auf dem Deckblatt des Kataloges noch Tirol als Bundesland und Imst als Schulbezirk angegeben. Erst im darauffolgenden Schuljahr 1940/41 ist die Bezeichnung „Reichsgau: Tirol-Vorarlberg“ und „Kreis: Imst“ zu finden. Besonders ist der Umgang mit dem Unterrichtsfach „Religion“.

 

In den Schuljahren 1938/39 und 1939/40 wurde die Spalte „Religion“ durchgestrichen und man schrieb das Fach „Leibesübungen“ daneben oder darüber. In den neuen Katalogen im Schuljahr 1940/41 fand man erstmals das Fach „Konfessionslehre“ am Ende der Tabelle. Allerdings finden sich in diesem Schuljahr keine Beurteilungen dazu. Es liegt der Schluss nahe, dass das Fach gar nicht unterrichtet wurde. Erstmals erschienen in den neuen Katalogen Vermerke für die Mitgliedschaften bei den NS-Jugendorganisationen: Deutsches Jungvolk (DJ) sowie Hitlerjugend (HJ) bei den Knaben und Jungmädelbund (JM) sowie Bund Deutscher Mädel (BDM) bei den Mädchen. Aber auch hierzu gab es keine Eintragungen. Außerdem wurde das Schuljahr 1940/41 in Trimester eingeteilt, aber bereits das folgende Schuljahr 1941/42 war wieder in zwei Semester geteilt. Eintragungen im Fach „Konfessionslehre“ fehlen auch hier, im Fach „Leibesübung“ wurden dagegen plötzlich eine Notenbezeichnung von 4 bis 8 geführt.

 

Mit dem Schuljahr 1942/43 verschwand das Fach „Konfessionslehre“ völlig aus den Katalogen. Das Fach „Leibesübung“ wurde dagegen weiter aufgewertet und in die Bereiche Spiele, Leichtathletik, Schwimmen, Turnen und Skilauf unterteilt – allerdings ohne Eintrag in diesem Schuljahr. Erstmals fanden jedoch Vermerke über diverse Dienstgrade der Schüler bei nationalsozialistischen Jugendorganisationen Eingang in die Kataloge, wie z. B. „Oberhornführer“ oder „Oberjungscharführer“. Im nächsten Schuljahr 1943/44 mehrten sich diese Einträge, gleichzeitig aber auch die Anfragen nach Freistellungen – vermutlich, weil die Kinder oft in der heimischen Landwirtschaft dringend gebraucht wurden (siehe Abbildung rechts).

 

Im Schuljahr 1944/45 scheint Max Kuntner nicht mehr als Schulleiter auf, seine Position übernahm vorübergehend Frau Direktor Schöberl bis zu Schulbeginn 1945/46 Anton Mayr wieder seine Stelle als Schulleiter aufnahm. Ab diesem Schuljahr ist die Fächerkombination wieder identisch mit jener aus dem Schuljahr 1938/39. Religion wurde vom Religionslehrer Herbert Gottinger unterrichtet.

Die 1. Klasse der Volksschule Haiming aus dem Jahr 1938 mit Pfarrer Lorenz Prieth und Lehrerin Emma Neuner aus Mötz. Die Schulkinder nach Angaben von Wilma Stigger, vereh. Schöpf: Vordere Reihe von links: Leopold Oberhofer, Theo Kapeller „Treseles“, Karl Kopp „Baltser“, Albert Stigger, Reinhold Raffl „Böckeler“, Franz Konrad „Wächters“, Peter Bair, ?, Herbert Götsch „Ochsners“ Zweite Reihe von vorne: Trude Perwög (vereh. Saurwein), Ida Floriani, Dora Kapeller, Rosa Walser, Olga Leitner, Johann Heiß, Josef Heiß, Willi Leitner „Radesen“, Erich Schranz, Rudolf Kapeller „Müllers“, Josef Raffl „Böckelers“ Dritte Reihe von vorne: Marianne Kapeller (vereh. Neurauter), Antonia Kopp (vereh. Kapeller), Marianne Zoller (vereh. Schöpf), Ludmilla Posch, Heinrich Götsch „Ochsners“, Franz Schlatter, Alfons Stigger, Bernhard Kapeller „Pfutsch“ Vierte Reihe von vorne: Pfarrer Lorenz Prieth, Wilma Stigger (vereh. Schöpf), Ida Schnall (vereh. Hopfgartner), Anna Kopp (vereh. Hafele), Waltraud Rangger, Elsa Löffler, Irma Steiner, Elsa Perthen, Lehrerin Emma Neuner aus Mötz Oberste Reihe: Erna Thurner (Lösch), Marianne Neurauter „Grillen“, Adelheid Kapeller (vereh. Gerber), Ida Gager „Loarn“, Berta Scherer vereh. Gruber