Schlierenzau

Nördlich des Inns liegt der Weiler Schlierenzau, der bereits seit Jahrhunderten von Menschen bewohnt und bewirtschaftet wird. Der Inn schlängelt sich hier durch die Landschaft und hat im Laufe der Zeit mehrere Terrassen geschaffen. Von den früher ausgedehnten Innauen sind heute nur noch Reste in der Nähe der Innbrücke und in Unterrain vorhanden. Die Bewohner/innen von Schlierenzau haben im Laufe der Zeit den Boden in fruchtbares Ackerland umgewandelt. Die ältesten Hinweise auf die Besiedelung finden sich in der Steuerliste des Gerichts St. Petersberg aus dem Jahr 1325. Darin werden als Steuerträger in der „Schlierntzewe“ ein Asprian und sein Gemainer (Mitbesitzer) genannt sowie Heinrich der Lang im Unterrain. Auch in der Dorfordnung vom Beginn des 15. Jahrhunderts ist von der Erhaltung von Wegen und Brücken in Schlierenzau die Rede. Seit 1627 wird Schlierenzau mit Haiming und Ochsengarten als eine Gemeinde des Gerichts St. Petersberg gezählt. Auch in der Ehehaftordnung aus dem Jahr 1644 wird Schlierenzau genannt, hier geht es vor allem um Abgaben, Weiderecht und ähnliches. Wie für abgelegene Weiler üblich, wurde auch in Schlierenzau eine eigene Kapelle errichtet. Die erste wurde vermutlich Mitte des 18. Jahrhunderts (1747) erbaut.

 

Bei der Volkszählung von 1851 wurden in Schlierenzau 54 Einwohner/innen (25 Männer und 29 Frauen) gezählt. Sie gehörten zehn Familien an und wohnten in fünf Häusern. 1857 wurde der Franziszeische Kataster angelegt, darin wurden Jakob Raffl, Krisanth Etschmann, Josef Schöpf, Johann Valte, David Larcher, Ludwig Raffl, Josef Valte, Josef Götsch und Franz Leitner als Eigentümer in Schlierenzau angeführt.

 

Zu Schlierenzau gehört auch Unterrain mit dem Einzelhof der Familie Floriani. Der „Unterruan“ liegt unterhalb vom „Weißhaus“ und wird manchmal auch als „Loch“ oder „Vigil“ bezeichnet. Rund eine halbe Stunde Fußweg liegen Schlierenzau und Unterrain vom Ortszentrum Haimings entfernt. Um nach Haiming zu gelangen, mussten die Schlierenzauer die alte Reichsstraße und die Brücke in Magerbach nutzen. Wer an das gegenüberliegende Innufer nach Ötztal-Bahnhof wollte, konnte noch bis in die 1950er Jahre einen Fährdienst für Waren und Personen nutzen. Die Seilfähre hatte 1954 ausgedient, als man die Hängebrücke über den Inn errichtete. Die Brücke wurde auf Wunsch der Schlierenzauer nur als Fußgängerbrücke und nicht als Autobrücke angelegt.

 

Schicksalsschläge blieben auch den Schlierenzauern nicht erspart. Am 30. Juni 1917 zerstörte ein Großbrand fünf nebeneinanderstehende Häuser, auch die alte Kapelle wurde beschädigt. Vier Familien wurden obdachlos, mehrere Tiere starben in den Flammen, Menschenleben waren glücklicherweise nicht zu beklagen. Da die meisten Männer zum Kriegsdienst in den 1. Weltkrieg eingerückt waren, gestalteten sich die Löscharbeiten besonders schwierig. Auch von Unwettern und Hochwassern blieb Schlierenzau nicht verschont. Ein schweres Unwetter mit Hagelschlag zerstörte 1928 fast die gesamte Ernte. Die Bodenfläche des Hofs am Unterrain ist heute rund 1 ha kleiner als noch vor 1950, weil der Inn bei Hochwasser viel Bodenfläche mit sich riss.

 

1970 wurde die alte, beschädigte Kapelle abgetragen. Um die finanziellen Mittel für eine neue Kapelle aufzutreiben, wurde Ende der 1980er Jahre ein Kapellenverein gegründet. 1989 erfolgte der Baubeginn unter Baumeister Johann Pohl, die Einweihung der neuen Marien-Kapelle konnte am 9. September 1990 mit dem damaligen Bischof Reinhold Stecher gefeiert werden. Seit Anfang der 2000er Jahre führt der Inntal-Radweg durch den Weiler.

 

Einwohnerzahlen Schlierenzau am 1. Jänner 2021:

 

Hauptwohnsitze: 136
Nebenwohnsitze: 9

 

Hätten Sie's gewusst? Das Motorradmuseum in der Schlierenzau

 

In Schlierenzau gibt es ein Motorradmuseum. Günther Raffl hat in einem Stadl wertvolle Exponate aus verschiedenen Zeitepochen gesammelt und ausgestellt.

 

Im Bild rechts: Günther Raffl auf einem seiner Exponate, Aufnahme aus dem Jahr 2018