Haiminger Geburtshelferinnen

Die Hebammen in den Tiroler Dörfern waren sehr angesehen und etabliert. Die Hebamme war nicht nur Geburtshelferin, sondern auch die erste Ansprechperson, wenn es um Themen wie Ehe, Verhütung oder Kindererziehung ging. Die Ärzte kamen erst Jahrzehnte später zur Geburt hinzu. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden in ganz Europa sogenannte Gebäranstalten eingerichtet. Einerseits sollten darin in erster Linie bedürftige, ledige Frauen einen sicheren Zufluchtsort für die Zeit der Entbindung erhalten. Andererseits fungierten die Gebärhäuser auch als praktische Ausbildungsstätten für Hebammen.

Zur Geschichte der Haiminger Hebammen

 

1869 wurde die Gebäranstalt in Innsbruck etabliert und war im Stadtspital untergebracht. Für die ledigen Frauen war die Situation einer Schwangerschaft meist prekär. Die soziale Stigmatisierung, der eine Frau mit einem unehelichen Kind im Bauch ausgesetzt war, war im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts immens groß. So wie in anderen Gebärhäusern machten auch in Innsbruck die Dienstmägde den Hauptanteil der Klientel aus.

Demgegenüber standen verheiratete Frauen, die ihre Kinder traditionell zuhause zur Welt brachten. In ländlichen Gegenden war die Hausgeburt sogar bis weit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich.

 

Die Hebammen von Haiming

 

Katharina Stecher

Katharina Stecher war die erste Hebamme, die in den Taufbüchern der Kuratie Haiming angeführt ist. Sie war vom 10.9.1825 bis 29.10.1828 Hebamme und starb am 4.11.1829 im Alter von siebzig Jahren in Haus-Nr. 27 (heute Irmgard Stigger „Christls“). Nach ihrem Ableben wurde Haiming für einige Monate von der Silzer Hebamme Kreszens Bachleiterin betreut.

 

Victoria Schlatter

Victoria Schlatter kam am 11.9.1800 in Roppen auf die Welt und heiratete am 8.2.1820 in Haiming Nr. 58 den Donat Stigger. Sie arbeitete von 1829 bis 1857 regelmäßig als Hebamme, nach der Übergabe an Maria-Anna Schöpf war sie aushilfsweise noch bis 1871 im Dienst. Victoria lebte im Jahre 1873 einige Monate in Wattens und war dort bereits pflegebedürftig. Wo und wann die langgediente Hebamme verstarb, ist nicht bekannt.

 

Maria-Anna Strigl, geborene Schöpf

Maria-Anna Schöpf, geboren am 30.12.1815 in Haiming Nr. 78, heiratete am 12.9.1842 Alois Strigl, geb. 14.6.1814 in Habichen Nr. 12, gest. 26.5.1899 in Haiming, Nr. 77. Maria-Anna starb am 14.12.1894 in Haiming Nr. 52. Sie fungierte von 1857 bis 1886 als Haiminger Hebamme, aushilfsweise war sie bei einigen Geburten sogar noch bis 1893 im Einsatz. In der Funktionszeit von Anna-Maria tauchte bei Geburten in Magerbach und Unterrain auch eine Josefa Auer als Geburtshelferin auf.

 

Kreszenz Valte, geborene Strigl

Kreszenz wurde am 27.5.1845 als zweites Kind der Hebamme Maria-Anna Strigl geboren, sie hatte eine ledige Tochter, die im Kleinkindalter verstarb. Mit ihrem Ehemann Josef Valte hatte sie keine Kinder. Kreszenz übernahm von ihrer Mutter die Tätigkeit als Hebamme, sie war bis 1910 für das Wohl der Kleinkinder und Mütter aktiv und starb am 11.2.1927.

 

Katharina Gager, verehelichte Holzeis

Sie ist geboren am 30. Mai 1882 und heiratete am 31. März 1913 den Schneidermeister Johann Holzeis von Magerbach. Katharina war von 1910 bis 1917 als Hebamme im Einsatz. Sie starb am 11. Februar 1959 in Haiming.

 

Anna Kapeller, geborene Rangger, vulgo „Ötzers Nannele“

Anna Rangger heiratete am 5.2.1912 (geboren in Eisenerz am 15.8.1885, gestorben im Ötzer Haus am 8.12.1964) den Johann Kapeller vulgo „Ötzer“. Sie arbeitete als Hebamme von 1914 (erstmals bei der Geburt von Johanna Wenzel im Weißen Haus) bis 1956. Die Rangger stammen ursprünglich aus Axams. Josef Rangger, geb. 23.8.1886 in Eisenerz, war ein Sohn des Josef Rangger sen., der am 12.4.1847 in Axams geboren war und am 28.6.1885 die Carolina Schöpf aus Haiming heiratete. Josef Rangger sen. ging mit seiner Frau als alpiner Bergarbeiter nach Eisenerz. Die Familie Rangger kehrte später nach Haiming (Schlierenzau) zurück.

 

Sabine Eiter, geborene Riml

Sabine stammte aus einer Bauernfamilie von Gries im Sulztal und kam am 18.10.1920 auf die Welt. Nach ihrer Heirat mit Ernst Eiter (1942) lebte sie mit Mann und den Kindern Ernst, Egon und Christl einige Jahre in Zell am Ziller. 1949 bezog die Familie Eiter Wohnung im Gasthof Magerbach, später bei Konrad Götsch „Martls“. Im Oktober 1955 absolvierte Sabine die Hebammenschule und am 1. April 1957 begann ihr Dienst als Hebamme in Haiming. Später bekam sie noch die Sprengel Silz und Roppen dazu. Bis 1991 übte Sabine den Beruf aus, bei über 700 Entbindungen war sie helfend dabei. Sabine ist am 25.3.2019 verstorben.

 

Sonja Strobl

Seit dem Jahr 2000 lebt Sonja Strobl mit ihrer Familie in Haiming. Sie berichtet, dass das Berufsbild der Hebamme in den vergangenen Jahren großen Veränderungen unterworfen wurde. Werdende Mütter können sich heutzutage die Hebammen aussuchen. Sonja ist als selbständige Hebamme mit Kassenverträgen tätig. Sie betont, dass Frauen rechtzeitig, schon in den ersten Wochen der Schwangerschaft, sich mit der Hebamme ihrer Wahl in Verbindung setzen sollten, denn gerade in der Inntalfurche ordinieren wenige Hebammen mit Kassenvertrag. „Den Wöchnerinnen wird heutzutage in den ersten fünf Tagen nach der Geburt durchgehende, danach noch eine Betreuung mit bis zu sieben Hausbesuchen angeboten“, so Sonja.