Geologie von Haiming

Ein geologischer Schnitt durch das Gemeindegebiet

 

Übersicht

Wie die Grafik zeigt, ist das Gemeindegebiet von Haiming von unterschiedlichen Gesteinsarten geprägt. Vereinfacht ausgedrückt sind es nördlich des Inns die Kalkalpen (am Tschirgantmassiv), südlich des Inns spricht man vom Ötztal-Stubai Kristallin (kurz: ÖSK). Diese beiden Abschnitte bestehen aus unterschiedlichen Gesteinsarten. Bei den Kalkalpen sind es im Wesentlichen: Hauptdolomit, Raibler Schichten, Wettersteinkalk und Muschelkalk. Das Ötztal-Stubai-Kristallin besteht überwiegend aus Paragneis und Glimmerschiefer.

Festgesteine

Seit ca. 45 Mio. Jahren wandern die Kontinentalplatten von Eurasien und Afrika aufeinander zu. Das Produkt dieser Kollision ist die Gebirgsbildung der Alpen. Gesteine aus den Tiefen des Ozeans werden empor gepresst, eingeengt und deformiert. Dabei entstehen winzig kleine Gesteinsfaltungen, aber auch ganze Gebirgszüge. Zusätzlich finden großräumige Überschiebungen von mächtigen Gesteinspaketen statt – jüngere Gesteine können dadurch von älteren überlagert werden, gut sichtbar am Zunterkopf, wo der jüngere Hauptdolomit vom älteren Wettersteinkalk und Buntsandstein überlagert wird. Der Buntsandstein ist dabei wesentlich älter als der Wetterstein und aufgrund seiner Rotfärbung gut erkennbar. Dieser Aufschluss war bis zum Tschirganttunnelverfahren unbekannt und wurde von der Landesgeologie entdeckt. Die Tiroler Kalkalpen bestehen heute aus zumindest drei weiträumigen tektonischen Decken. In Haiming bestehen die Berge aus Gesteinen der Lechtaldecke und der darüber geschobenen Inntaldecke.

 

Die Gesteine am Tschirgantmassiv wurden vor ca. 250 Mio. Jahren im „Tethys Ozean“ abgelagert. Muschelkalk ist in warmen Flachwasserbereichen und riffnahen Schwellenbereichen bis hin zum tieferen Wasser entstanden. Die Gesteine des Wettersteinkalks und -dolomits wurden in warmem, lichtdurchflutetem Flachwasser abgelagert. Die Gesteine der Raibler Schichten sind durch Abtragungen und Verfrachtung des Materials durch Bäche und Flüsse bis ins Meer entstanden. Die Gesteine des Hauptdolomits wurden in weiten Lagunenregionen bzw. Flachwasserzonen in sehr seichtem und warmem Wattenmeer abgelagert. Innerhalb dieser ausgedehnten Lagune sind die Gesteine der Seefeld-Formation entstanden, wie sie auch großflächig am Simmering vorkommen. Sie bestehen aus Mergeln mit Kalken und Dolomiten. Das Tschirgantmassiv besteht demnach aus einer heterogenen Gesteinsabfolge. Auch Gips- und sogenannte Anhydritablagerungen sind in Haiming zu finden, diese führen dazu, dass einige Quellen am Tschirgant eine höhere Wassertemperatur, eine erhöhten Anteil an gelösten Stoffen und damit eine erhöhte Leitfähigkeit aufweisen, wie z. B. beim Römerbad in Roppen.

 

Lockersedimente

Lockergesteine entstehen durch Erosion der Festgesteine. Sie bedecken einen großen Teil des Gemeindegebietes. Die Talhänge bestehen überwiegend aus Hangschutt. Markante Hangschuttkegel sind vor allem an den südlichen Hängen des Tschirgantmassivs zu finden. Auch Moränenablagerungen gibt es; sie entstanden am Rand und unter eiszeitlichen Gletscherzungen. Im Talbereich finden sich die typischen Flussablagerungen des Inns und der Ötztaler Ache. Weiters kommen im Haiminger Forchet und im Bereich Ötztaler Höhe Sturzablagerungen vor. Diese stammen von der Weißwand (im Bereich der Ötztaler Höhe) sowie aus dem unteren Bereich der Breiten Mure (im Bereich des Forchet).

 

Geomorphologie

Die Formen der Erdoberfläche in Haiming wurden von unterschiedlichen Kräften und Prozessen beeinflusst. Reste der tertiärzeitlichen Landschaft sind noch im Bereich der Haiminger Alm und des Simmerings zu finden. Die Gebirge wurden von den klimatisch sehr abwechslungsreichen Eiszeiten weiter umgebildet. Erst als die Gletscher sich zurückgezogen hatten, konnte sich endgültig die heutige Landschaft entwickeln. Elemente wie Felsstürze, Schutthalden, Schuttkegel, Schwemmfächer, Moränen, Blockgletscher, Sackungsmassen, Rutschungsmassen und Murschuttablagerungen sowie Gipskarsterscheinungen sind Teil der Morphologie. Dass die Auslaugung von Gips im Untergrund auf Haiminger Gebiet aktuell fortschreitet, sieht man an den Dolinenbildungen im jungen Hangschutt nordnordwestlich des Rohrwaldgrabens.

 

Hydrogeologie

Zahlreiche Quellen und Wasseraustritte befinden sich am südlichen Einhang des Inntales in Höhenlagen um die 1.000 und 1.500 m. Dort sind diese Quellen vielfach an alte Vorfluter während der Vereisung gebunden und finden sich entlang solcher alter Verebnungen. Dort treten sie häufig an stauender Moräne oder Festgestein aus, aber auch teilweise direkt aus dem Festgestein und können somit die Höhe des Bergwasserspiegels darstellen. Andere Quellaustritte sind an die alten Vorflutniveaus gebunden, die sich in Zeiten geringerer Gebirgserhebungsraten ausgebildet haben und noch heute aktiv sind. Die ältesten derartigen Quellen sind an die tertiärzeitlichen alten Landoberflächenniveaus gebunden (z. B. Haiminger Alm). Neben sulfathältigen Quellen der kalkalpinen Einhänge zeigt auch das Grundwasser des Inntales entlang dem südlichen Talrand eine teils deutliche Sulfatführung. Dies ist ein zusätzlich zu den zahlreichen kalkalpinen Aufschlüssen westlich der Ötztalmündung festzustellender Hinweis, dass die Kalkalpen im Inntal auch östlich der Achmündung bis an den Talsüdrand reichen.

 

Autoren

Die hier veröffentlichten Informationen zur Geologie von Haiming wurden von Mag. Petra Nittel-Gärtner, Mitarbeiterin der Landesgeologie des Landes Tirol sowie Dr. Gunther Heißel, ehemaliger Leiter der Landesgeologie, zusammengestellt. Wir bedanken uns recht herzlich für die ausführlichen Informationen!

Den vollständigen Artikel können Sie HIER herunterladen!