07.10.2021 10:30

Der Zaunmacher von Marlstein

Er war wohl einer der Letzten dieser „Zunft“: Die Aufnahme entstand am 28. Mai 1982 und zeigt den Marlsteiner Wirt und Bauer Johann Neurauter vulgo „Knopfn Hansl“ (16.1.1919 – 10.8.2006) beim Aufstellen eines Weidezaunes im „Hinteren Fleck“ bei Mareil.

Johann Neurauter bezeichnete diese Art der Weidezäune als „Eterzäune“. Unter „Eter“ verstehen die alten Ochsengartner die unteren Zweige junger Fichten. Die etwa einen Meter langen Eter werden im Feuer so lange erhitzt, bis sie weich sind. Anschließend werden sie ringförmig gebogen und gewunden, zwei Mal rundherum. Der Durchmesser entspricht dem Abstand der geschlagenen Holzlatten. Die Eter sollen daumendick sein und müssen im „grünen“ Zustand verarbeitet werden. Für einen Eterzaun braucht man also keinen Nagel, nur Bretter, Latten und Eterringe.

Zum Arbeitsvorgang: Zwei gleich lange Latten werden mit einem Abstand, der der doppelten Bretterstärke entspricht, in den Boden geschlagen, ein Brett wird zwischen die Latten gesteckt, von oben wird ein Eterring über die zwei Latten gesteckt und nach unten bis zur Oberkante des Brettes geschoben; ebenso bei den nächsten Latten. Dann kann das nächste Brett darüber gesteckt werden.

Aufgestellt werden die Eterzäune überall dort, wo der Zaun im Winter von Lawinenabgängen zerstört würde, also an den Gebirgshängen. Im Oktober werden die Zäune abgeräumt. Johann Neurauter benötigte für einen hundert Meter langen Zaun nur einen halben Tag. Bretter und Latten werden an der Hangseite so gelagert, dass die Lawinen „drüberfahren“, nur die Eterringe werden mitgenommen. Im Mai wird der Zaun dann wieder aufgebaut.

Text: Manfred Wegleiter, Ortschronist Haiming

Bild: Chronik Haiming/Karl Hofer