28.09.2021 11:46

Weistum & Landwirtschaft

Recht und Ordnung: Weistum der Gemeinde Haiming

(Auszug aus dem Haiming Buch von Anton Bachler und Karl Hofer aus dem Jahr 1984, Seite 32 – 33)


Bestimmungen, die vor allem die Landwirtschaft und Bauern betreffen:

  • Die Bauern von Haiming hatten das Recht, auf den Mötzer Wiesen unter dem Hof von Magerbach von Michelis (29. September) bis Georgi (23. April) ihr Vieh zu weiden (damals grenzte Haiming links des Inns an Mötz).
     

  • Die Gemeinsleute von Silz haben ihr Vieh sorgsam zu hüten, daß es nicht in die Haiminger Felder geht, da seit alten Zeiten kein Zaun besteht.
     

  • Die Besitzer der Mühlen zu Häusern unterhalb Petersberg haben den Leuten in Haiming zur Verfügung zu stehen. (Der Weiler und die Mühlen bestehen heute nicht mehr.) Müllers Kapelle beim Grillenbühel erinnert noch an dieses Recht und an die Pest des Jahres 1634, wo die Kornsäcke gegen Mehlsäcke getauscht wurden, ohne daß die Leute in direkten Kontakt miteinander kamen.
     

  • Die Haiminger haben das Recht, alle Wasser, die vom Berg herunterkommen, nach ihrem Gutdünken zu nützen. Die „Perkleit“ haben kein Recht, das Wasser ab- oder auszukehren. Wer es doch tut, „derselb Verpröcher“ hat der Herrschaft (dem Richter) ein Bußgeld von fünf Pfund Berner zu bezahlen.
     

  • Die Bauern haben das Recht, ihr Vieh in die Galtmähder (einschnittige Wiesen, die nach der Heumahd als Weiden verwendet wurden) am Höpperg zu fahren. „Zaunbrichige Oxen“ müssen aber unverzüglich verwahrt werden. (Es gibt Weidetiere, die mit Vorliebe ihre Kraft an den Zäunen messen und so Schäden verursachen, was wiederum zu Streitigkeiten führt.) Der Wald auf dem Lindach (Lintig) ist Bannwald, wer unerlaubt schlägert, bezahlt zweiundfünfzig Pfund Berner Strafe.
     

  • Die Besitzer der Höfe Schlierenzau und Unterrain haben den Haimingern „Weg und Steg“ zu machen, auf den herrschaftlichen Burgwiesen beim Mähen zu helfen, können ihre Ochsen auf die Haiminger Alm treiben, müssen dann aber an der Erhaltung von „Trög und Wög“ (Tränken und Wegen) mithelfen.
     

  • Die zwei Höfe in Riedern sind wie Schlierenzau zur Gemeinde Haiming gehörend, dürfen mit ihrem Weidevieh nicht über den Weg, der durch die Raut im Forchet geht, ihr Vieh weiden lassen.
     

  • Da man in Haiming mit Weideland schlecht versehen war, wurde „ganz ernstlich“ verboten, in der Au (Herrenau) östlich von Magerbach (siehe altes Weistum) Galtwiesen in Ackerland umzuwandeln (was dann aber im Weltkrieg ausgiebig geschah). Wer das tut, er sei reich oder arm, hat von einem Star Land einen Gulden zu bezahlen. Wir sehen, daß die Bußgelder in Pfund Bernern vom alten Weistum übernommen wurden, 1644 aber von Gulden und Kreuzern gesprochen wird.
     

  • Was an Haustieren damals besonders gehalten wurde, erfahren wir aus der nächsten Bestimmung: Wer Vieh, seien es Ochsen, Stier, Kuh, Kalb, Roß, Schwein, Geiß, -Kitz, Schaf oder dergleichen auf fremde Äcker, Mähder, Kabisgärten oder andere Gärten treibt und Schaden verursacht, hat für jedes Haupt ein Pfandgeld von sechs Kreuzern an den Eschehei (Flurwächter) zu zahlen und dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen.
     

  • Kein Bauer darf mehr Vieh halten, als er selbst überwintern kann, damit andere an ihrer Viehweide nicht geschädigt werden. Wer dagegen handelt, hat mit Pfändung und Grasgeld zu bezahlen, einer wie der andere soll gleich behandelt werden. (Es gab also immer schon Leute, die versuchten, aus der Reihe zu tanzen und sich auf Kosten der anderen Vorteile zu verschaffen.)
     

  • Wie man am Althergebrachten hing, zeigt folgende Bestimmung: „Von unerdenklichen Jahren her“ ist es der Brauch, daß im Frühjahr im Mai, am Tag der Apostel Philipp und Jakob (3. Mai), vom Dorfmeister und den Gewalthabern die Zäune besichtigt, schadhafte und vernachlässigte beanstandet und der Zaunerhalter mit entsprechender Strafe belegt wurde. Für eine fehlende Zaunlatte waren z. B. sechs Kreuzer zu bezahlen. Das galt besonders von der Gasse, die zur Innbrücke führte, von der Kreuzgasse und der Gstaiggasse, die mehrere Luken oder Gatter hatten.

Fronarbeiten – Unentgeltliches Arbeiten für das Gemeinwohl


Es wird geklagt, daß in Fällen, wo der Dorfmeister zu einer Gemeinschaftsarbeit aufruft (Wegerhaltung, Brunnenmachen usw.), schlecht Folge geleistet wird. „Manche wohlangesessene Nachpern“ schickten „schlechte puben oder mädlen“ (Kinder, die wenig leisten können), wodurch die anderen, die selbst kommen, benachteiligt werden. „Um die Gott wohlgefällige Gleichheit“ zu erhalten, wie es im Weistum heißt, werden strenge Bestimmungen erlassen, nach denen jeder Aufgebotene selbst zu kommen oder einen starken Knecht zu schicken hat, pünktlich erscheinen und fleißig arbeiten muß. Andernfalls hat er 18 Kreuzer für jedes versäumte Tagwerk zu bezahlen.
Dieses Aufbieten zu Fronschichten, die, wenn keine Arbeitskraft zur Verfügung stand, mit Geld bezahlt werden konnte, wurde in jüngster Zeit durch Bestellung von Gemeindearbeitern, die von der Gemeinde aus Steuermitteln entlohnt werden, abgeschafft.
[…]

Quelle: Bachler, A./Hofer, K.: Haiming, Herausgeber: Gemeinde Haiming, Eigenverlag, 1984 (Seite 32 - 33)