27.09.2021 12:47

Der Lawinenabgang in Marail

Glück im Unglück

Verena und Hans Haslwanter waren in den Jahren von 1969 bis 1971 Pächter des Alpengasthofes Marail (auch „Mareil“ geschrieben) auf 1748 m zwischen Ochsengarten und Kühtai, im Nedertal gelegen. Am 23. Februar 1970 waren nebst dem Pächterehepaar noch fünf deutsche Gäste im Haus.

Es hatte eine Woche kräftig geschneit und die Touristen wollten die Gelegenheit nützen, um unterhalb des Hofes im tiefen Neuschnee nach Mittag ein paar Schwünge zu ziehen. Als sie sich nach dem Mittagessen im Hausgang die Schischuhe anziehen wollten, es war 13 Uhr 15, wurde es plötzlich stockfinster und ein unheimlicher Knall ließ das ganze Haus erzittern. Eine Staublawine war vom Schafjoch in Richtung Tal gedonnert. Die Tür ins Freie ließ sich nicht öffnen, es herrschte Totenstille, aber glücklicherweise kam niemand zu Schaden. Im Haus gab es keine allzu großen Schäden, Stall und der Stadel  waren aber nur mehr ein Trümmerhaufen.

Nach dem ersten Schock wurde ein Schnapserl getrunken, dann haben Gastgeber und Gäste gemeinsam den Ausgang frei geschaufelt. Da der Lawinenabgang von Marlstein, Zwirch und Ochsengarten beobachtet werden konnte, kam bald die Feuerwehr von Ochsengarten mit anderen Helfern, um Haus und Stall frei zu schaufeln. Bis in die Nacht hinein wurde gearbeitet, ehe zum Stall vorgedrungen werden konnte. Das Vieh – zwei Schweine, ein Kalb und eine Kuh – wurde vom Luftdruck vor den Barren gedrückt und überlebte, eine weitere Kuh wurde von einem Balken erschlagen. Die Tiere wurde von den Besitzern notdürftig in der Kellerbar des Gasthauses untergebracht.

Dass damals keine Menschenleben zu beklagen waren, glich einem Wunder. Ein sich oberhalb des Hauses befindlicher Felskopf, der sogenannte „Marailer Bichl“, hatte die Lawine geteilt und so wurde größeres Unglück abgewendet.

Heute wird der Almhof Marail von Anneliese und Hubert Leitner als Jausenstation mit Übernachtungsmöglichkeit geführt.

Bildunterschrift: Das Foto entstand drei Monate nach dem Lawinenabgang, im Mai 1970.

Text: Chronik Haiming, Manfred Wegleiter

Bild: Karl Hofer